Auf eine gewisse Art und Weise ist es beruhigend zu wissen, dass nach einer Phase der schlechten Stimmung auch der Himmel wieder klar wird und die Sonne wieder scheint. Vielleicht denken wir sogar, dass es uns heute gar nicht so schlecht geht, wie unser Gehirn uns glauben lies. Und vielleicht ist das Leben doch gar nicht so schlimm, wie es sich im Moment anfühlt. Schon das Festhalten an selbst den kleinsten Hoffnungsschimmer kann dabei helfen, herausfordernde Gedankenspiralen, schwierige Umstände oder Momente der Angst zu überwinden. Ganz nach dem Motto "stay positive", "happy mind, happy life" oder auch ein Klassiker: "good vibes only". Alles Sätze die ihr in den letzten Jahren auf diversesten Social Media Plattformen sicherlich zu genüge gesehen habt. Gehört mittlerweile ja irgendwie schon halbwegs zur Instagram-Etikette. Auch im persönlichen Umfeld hat sich das schon mehr als nur eingeschlichen. So werden diese Phrasen als gut gemeinte Ratschläge weitergegeben. Doch das ist wiederum relativ problematisch, denn damit anfangen kann man eigentlich nichts und es hat eher den gegenteiligen Effekt. Auch genannt: Toxic Positivity.
Der Begriff bezieht sich auf das Konzept, dass die Konzentration auf sogenannte "positive Emotionen" und die Ablehnung von allem, was negative Emotionen auslösen kann, die richtige Art mit dessen Umgang ist. Sozusagen eine Art Gaslightning, nur mehr oder weniger unbeabsichtigt. Das was man wirklich fühlt wird unterdrückt - ganz gemäß dem Motto "Good Vibes Only". Mal ein ganz einfaches Beispiel. Vor kurzem war ich ziemlich krank, klassische Erkältung. Hatte aber so richtig reingefahren. Auf die Frage hin, wie es mir geht habe ich mit "es wird immer schlimmer" geantwortet. Als Antwort habe ich prompt ein "Jetzt übertreib nicht so. So schlimm ist es doch gar nicht." bekommen. Nun ja... danke für nichts. Ich habe nur ehrlich auf die Frage geantwortet, immerhin wurde es immer schlimmer mit der Erkältung. Ein klassisches Beispiel von, alles was negativ ist wird herunter gespielt und Gefühle werden unterdrückt und/oder gar nicht erst zugelassen.
Der Haken an der Sache ist, man sollte alle Gefühle zulassen. Egal ob positiv oder negativ. Etwas zu unterdrücken mag vielleicht für eine Gewisse Zeit funktionieren, nicht jedoch auf Dauer. Auf Dauer kann das alles noch zu ganz anderen Problemen führen, egal wie banal das jetzt auch klingen mag. Und noch viel wichtiger: Wenn es einem schlecht geht, bringen Sätze á la "So schlecht geht es dir doch gar nicht" oder "sieh es doch mal positiv" recht herzlich wenig. Sie bewirken letztendendes nur das Gegenteil. Die betroffene Person fühlt sich noch schlechter. Man fühlt sich nicht ernst genommen und gegebenenfalls sogar noch undankbar. Jedes Gefühl, jeder Person hat seine Daseinsberechtigung. Ob es jemand anderem vielleicht "noch" schlechter geht ist absolut zweitrangig. Hinter solchen toxischen Ratschlägen, die eigentlich nur gut gemeint sind - zumindest in den Besten Fällen - steckt oftmals Unwissenheit oder einfach Desinteresse. Es ist immerhin so viel leichter daher gesagt als der Person wirklich mit einem offenen Ohr entgegen zu treten, zuzuhören und eventuell auch Hilfe anzubieten. Gut möglich, dass besagte Personen Gegenüber Gefühle dieser Art bei sich selbst ebenso unterdrücken und es daher rührt, dass sie diese auch bei anderen nicht akzeptieren können oder wollen.
Eine positive Grundeinstellung im Leben ist grundsätzlich nichts verkehrtes und zu einem gewissen Maß auch notwendig. Genauso wichtig ist es aber auch das gesamte Spektrum an Gefühlen zuzulassen und diese auch zu akzeptieren. Sowohl bei einem selbst, als auch bei anderen. Denn genau das macht am Ende die Balance zwischen Glück und Unglück aus. Anstatt negative Gefühle zu ignorieren, sollten wir alle Erfahrungen nutzen um eine gewisse Resilienz aufzubauen, damit wir in Zukunft auch besser mit solchen und ähnlichen Situationen umgehen können.
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